Gemeinsam Komplexität verstehen – der Datev Diversity Talk

Diversity Insights

Im Rahmen unser Kolumnenserie „Diversity Insights“ beleuchten unsere Autor*innen die unterschiedlichen Dimensionen der Diversität und stellen die sich daraus ableitenden kommunikativen Herausforderungen und Lösungen vor.

In der Sprache steckt die Macht, die soziale Realität zu verändern und zu prägen. Besonders im Bereich der gleichberechtigten Teilhabe und von Diversity, Equity und Inclusion (DEI) finden wir immer wieder machtvolle Narrative, die Identitätskonstruktionen verfestigen. Gleichzeitig existieren ebenso machtvolle Gegenpositionen, die diesen die eigene Existenz abzusprechen versuchen. Daher ist es äußerst relevant, Plattformen zu generieren, innerhalb derer authentisch gelebte Erfahrungen von Personen direkt erzählt werden können, um so die Perspektivenvielfalt auf die Realität zu erhöhen.

Auch im organisationalen Kontext spielt es eine Rolle zu verstehen, dass die eigene Realitätswahrnehmung keinen Allgemeinheitsanspruch hat. Wir alle lernen von den Lebensrealitäten anderer und deren Perspektiven, Erfahrungen und Wissen. Um also zu reflektierten Entscheidungsprozessen zu gelangen, benötigt es Plattformen des organisationalen Lernens und des Dialogs. Ziel sollte es sein, die Komplexität der Realität nicht negieren oder reduzieren, sondern verstehen zu wollen.

Inklusive Dialogformate

Bei Datev wurden verschiedene Plattformen entwickelt, um in einem solchen Dialog gemeinsam zu lernen und reflektierte Entscheidungen treffen zu können. Es geht darum, Narrativen und damit Lebensrealitäten und gelebten Erfahrungen Sichtbarkeit und Transparenz zu ermöglichen. Der Austausch schafft die Möglichkeit, das eigene Wissen zu erweitern, Herausforderungen oder Veränderungen gemeinsam differenziert zu betrachten und im Netzwerk zu neuen, innovativen Lösungen zu gelangen. Dabei ist der Anspruch, inklusiv und grenzenauflösend zu interagieren. Dies gilt sowohl für die (digitale) Barrierefreiheit als auch für die Zielgruppe. Letztere ist so offen wie möglich definiert und umfasst schlicht alle – je nach Format alle Beschäftigten oder alle Beschäftigten inklusive firmenexterne Interessierte. Die Dialogformate finden also einladungsbasiert statt und richten sich an alle, die sich angesprochen fühlen.

Für DEI ist ein Beispiel der Datev Diversity Talk. Gerade im Bereich Diversity gibt es viel Neues, vieles, das sich verändert und viele Unsicherheiten, etwas „falsch“ zu machen. Umso wichtiger ist es, Räume für gemeinsame Verständigung und gemeinsames Wachstum zu generieren. Es geht dabei nicht um „richtig vs. falsch“ (rechtliche Rahmenbedingungen ausgenommen), um die Suche nach Schuldigen, sondern immer um ein gemeinsames Verändern hin zu mehr gleichberechtigter Teilhabe – primär im Arbeitskontext und der eigenen Organisation.

Zugehörigkeitsgefühl stärken

Den Talk gibt es seit 2021 und die Stabsstelle Diversity & Transformation lädt firmenexterne und interne Personen ein, die zu verschiedensten Themen aus ihrer Erfahrung berichten. Themen waren unter anderem Depression, Sucht, Neurodiversität, barrierefreie Arbeitsplätze, Diversity-Strategie, Rassismus, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, arbeiten mit Tremor und hierarchielose Organisationen. Auch das Top-Management und Vertreter:innen der Politik sind regelmäßig als Referent:innen eingeladen, ihre Perspektiven auf gleichberechtigte Teilhabe in Organisationen zu teilen. In dem 60-minütigen digitalen Talk werden zu den Themen fachliches Wissen und persönliche Erfahrungen geteilt und es ist gibt Raum für Fragen und Austausch. Eingeladen als Teilnehmer:innen sind alle Beschäftigten aus allen Hierarchiestufen. Moderiert (und organisiert) wird aus dem Team Diversity & Transformation. Der Talk findet mittlerweile aufgrund der hohen Nachfrage 14-tägig statt, zu unterschiedlichen Wochentagen und Uhrzeiten, um auch Personen in Teilzeit oder im Schichtbetrieb immer wieder eine Teilnahme zu ermöglichen.

Der Talk ist offen als Ereignis im Intranet zugänglich oder kann über einen Verteiler direkt im Kalender geblockt werden. Eine Anmeldung oder Dokumentation gibt es nicht – die Beteiligten können also selbst steuern, wie ihre Teilnahme sichtbar wird oder eben nicht. Unser Anspruch ist es, einen möglichst psychologisch sicheren Raum für wirklich alle Personen und Fragen zu erschaffen.

Ein weiterer relevanter Effekt ist die Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls. Geteilte Erfahrungen zeigen, dass die eigene Lebensrealität stattfindet, es gibt Raum, gehört und gesehen zu werden, und sich als Teilnehmer:in mit anderen als Ally zu solidarisieren, zu verbünden und sich gegenseitig zu empowern. Es geht am Ende um ein kommunikatives Gestalten der Arbeitswelt, darum mehr Einbezug und Zugehörigkeit für alle zu erschaffen, sodass wir bestmöglich performen und zusammenarbeiten können.

Gemeinsam neue Muster entwicklen

Diese Normalisierungsprozesse und das Sichtbarmachen von bisher oppressiv aus der Arbeitswelt entfernten Diskursen ist entscheidend, um gleichberechtigte Teilhabe zu stärken. Diversity erfordert eine Reflexion der bisherigen Muster und Kategorien, in denen Bewertungen, Entscheidungen und Prozessgestaltung stattgefunden haben. Am effektivsten geschieht dies durch die Kombination von Wissen und geteilter Erfahrung. Denn: Diversity ist kein Verbotsdiskurs, sondern die Einladung, gemeinsam die Komplexität der Realität anders zu verstehen. Es geht darum, neue und inklusivere Muster zu entwickeln, um die Herausforderungen der Zukunft anzugehen. Und diese Zukunft gestalten wir unter anderem durch die Art, wie wir kommunikativ unsere Arbeitswelt reflektieren und teilen.

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